Zwei Begriffe des Projektmanagement führen immer wieder zu Verwirrungen und Missverständnissen – das Lastenheft und das Pflichtenheft. In der Projektmanagementpraxis werden diese beiden Begriffe häufig unscharf getrennt oder gar falsch angewendet. Dabei ist die Unterscheidung relativ klar.
Das Lastenheft enthält kurz gesagt das WAS
Was genau möchte der Auftraggeber durch das Projekt erreichen und was ist sein Ziel?
Damit beinhaltet das Lastenheft also alle Informationen, die für eine Ausschreibung notwendig sind. Zielgruppe eines Lastenheftes sind damit die späteren Auftragnehmer bzw. das Projektteam. Der Aufbau eines Lastenheftes kann je nach Projektart sehr unterschiedlich sein. Grundsätzlich bieten sich die folgenden Kapitel an:
- Einführung: Zunächst führen wir inhaltlich in das Projekt ein. Hierbei soll der Leser in das Geschehen und in die Hintergründe eingeweiht werden um ein besseres Verständnis für die im weiteren Verlauf formulierten Anforderungen zu bekommen.
- Ist-Situation: Nach der Einführung skizzieren wir die aktuelle Ist-Situation, die der zukünftige Auftragnehmer vorfinden wird. Das ist wichtig, da sich der Umfang einer Wegstrecke nicht nur am Ziel bemisst, vielmehr ist die Entfernung zwischen Start und Ziel entscheidend. Die Wegstrecke ist dann bildlich gesprochen der spätere Projektaufwand, der zum Erreichen des Ziels notwendig sein wird.
- Soll-Situation: das Ziel wird im nächsten Kapitel des Lastenheftes beschrieben. Je nach Projektart könnte dieses Kapitel noch einmal in den allgemeinen Soll-Zustand, in notwendige Schnittstellen, sowie in die einzelnen funktionalen (konkrete Ergebnisse) und nicht funktionalen Anforderungen herunter gebrochen werden. Ebenfalls sollten Risiken und deren Akzeptanz beschrieben werden. Ist der Auftraggeber risikobereit oder ist er es nicht? Diese Entscheidung hat mit Sicherheit Einfluss auf den Projektablauf und damit auf Zeit und Kosten.
- Abnahmekriterien: Am Ende sollten die Abnahmekriterien beschrieben werden, die zur Freigabe und damit Abnahmeerklärung des Projektes führen werden. Sind diese nicht geklärt könnten Anwendungsfälle später getestet werden, für die das Projekt ursprünglich nicht konzipiert wurde.
Beispiel: Nehmen wir mal ein Poolprojekt:
Einführung: Ich möchte in meinem Garten einen Swimmingpool errichten, um mich im Sommer abzukühlen und mich mehr sportlich zu betätigen.
Ist-Zustand: Derzeit besteht mein Garten primär aus einem Baum und einer unglaublich großen Rasenfläche.
Soll-Konzept: Es soll ein Swimmingpool inklusive Liegemöglichkeit gebaut werden. Die Größe liegt bei ca. 4x9 Meter. Die maximale Tiefe sollte 1,5 Meter betragen. Die Umrandung um die Liegemöglichkeiten sollten mit Naturstein gepflastert werden.
Schnittstellen: Es muss der Anschluss an die Wasser und Stromversorgung sichergestellt werden.
Funktionale Anforderungen: Schwimmbecken 4x9 Meter, 1,50 Meter tief mit Treppenzugang und Gegenstromanlage sowie eine vollautomatisierte Wasserreinigung. Liegeplatz mit einer Mindestfläche von 20 qm und entsprechender Randbeleuchtung
Nicht-funktionale Anforderungen: Material GFK, Liegeplatz aus Naturstein, gehobener Materialstandart, hohe Langlebigkeit, Wartungsarme Technik, möglichst vollautomatisiert
Risiko Akzeptanz: Der Untergrund unter meinem Rasen ist mir nicht bekannt. Ich weiß allerdings, dass mein Nachbar bei einem ähnlichen Projekt Probleme mit Felsschichten hatte. Dieses Risiko möchte ich ungerne tragen. Hierfür sollten im Vorfeld Untersuchungen angestellt werden oder das Projektteam übernimmt das Kostenrisiko. Der Pool muss pünktlich zur Sommerparty fertig sein. Etwaige Terminverschiebungen durch unvorhergesehene Probleme und die dadurch entstehenden Mehrkosten trägt der Auftragnehmer.
Wenn man den grundlegenden Aufbau eines Lastenheftes verstanden hat, so wie im Teil 1 beschrieben, lässt sich das Lastenheft einfach vom Pflichtenheft abgrenzen. Im Lastenheft beschreibt der Auftraggeber das WAS des Projektes.