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Donnerstag, 31 März 2016 07:24 geschrieben von Norman Frischmuth
Publiziert in Einzel-Projektmanagement

Konflikte in Projekten erkennen (Folge 21)

Kann ich sich anbahnende Konflikte im Vorfeld erkennen? Wenn ja, WIE?

Konflikte senden Signale voraus. Diese zu erkennen und somit rechtzeitig den Konflikt bearbeiten zu können, ist insbesondere im Projekt vorteilhaft. Lasst uns daher die Sensibilität für Konflikt-Signale stärken. 

 

Woran erkennt man Konflikte?

Vor einer sinnvollen Bearbeitung von Konflikten müssen diese zunächst erkannt werden. Das stellt sich in der Praxis mitunter als schwierig heraus.

Wird ein Konflikt nicht als solcher wahrgenommen und somit auch nicht bearbeitet, kann er sich mit der Zeit zuspitzen und eskalieren. Im schlimmsten Fall entwickelt sich so aus einem reinen Sachkonflikt ein waschechter Beziehungskonflikt. Woran erkennt man aber Konflikte im Projekt?

Ein recht zuverlässiger Indikator für potenzielle Konflikte sind Widerstände. Es geht also nicht so weiter wie ursprünglich gedacht. Bildlich gesprochen möchte man durch eine Tür laufen, die verschlossen ist. Geht man trotz des Widerstandes weiter, ergibt dies mächtig Kopfschmerzen.

So deutlich manifestiert sich Widerstand im Projektumfeld leider selten. Dennoch gibt es Hinweise durch die Sprache und das Verhalten von Menschen, die auf Widerstand und somit Konflikte hindeuten. Diese Spuren der Konflikte gilt es zu erkennen und richtig zu deuten. Dabei sind sprachlich aktive Elemente einfacher zu interpretieren als das Verhalten von Menschen. Sagt jemand „Nein“ ist der Interpretationsspielraum dieser Spur denkbar klein. Hingegen kann ein Verhaltensmuster, wie zum Beispiel das Fernbleiben einer Sitzung sowohl auf einen schwelenden Konflikt als auch auf eine verdammt gute Party-Nacht hindeuten. Hier müssen die letzten Zweifel durch ein klärendes Gespräch aus dem Weg geräumt werden. Aber wer macht das schon gerne? Ein klares „Nein“ oder unmissverständliche Gegenargumente machen die Spurensuche deutlich einfacher. Wie bereits im Film „Konflikte in Projekten“ erläutert, stellt ein Konflikt grundsätzlich nichts Negatives dar. Es existieren einfach nur unterschiedliche Positionen. Richtig moderiert, setzen solche Kontroversen durchaus positive Energie im Projekt frei. Stellt man sich dem Konflikt allerdings nicht, z. B. weil man ihn ignoriert oder schlicht nicht erkennt, dann wirkt sich das auf die Kommunikation mit den Konfliktparteien negativ aus. Dies geht in der Regel mit einer Emotionalisierung des Konfliktes einher. Damit steigt das Aggressionspotential und es schwindet gleichermaßen die Wahrscheinlichkeit einer gütlichen Einigung. Am Ende entzieht sich der Konflikt jedwedem Lösungsversuch und zieht sich in die passiven Verhaltensmuster der betroffenen Menschen zurück. Sie beteiligen sich nicht mehr und es gibt keine ernste Auseinandersetzung – man glaubt nicht mehr an den Erfolg. Das ist eine sehr gefährliche Situation im Projekt, da der unerfahrene Projektleiter glauben könnte es gibt nun keine Konflikte mehr. Aber weit gefehlt – sie sind immer noch präsent, wirken nun aber im Verborgenen und lassen sich nicht mehr so einfach bearbeiten. Wer allerdings frühzeitig einen Konflikt erkennt und bearbeitet, erspart sich diese diffuse Situation und geht gestärkt aus der Auseinandersetzung heraus.  

Konflikte können sich durch die Sprache oder das Verhalten von Menschen andeuten. In einem vergangenem Beispiel ging es um das Urlaubsziel, welches der Mann beeinflussen wollte. Dazu wurden das Auto und die hohen Reparaturkosten als Argument gebraucht. Seine Frau reagierte ärgerlich mit Vorwürfen. Somit befinden sie sich bereits in einer emotional angespannten Situation. Im weiteren Verlauf könnte sie dann auch noch drohen: „Wenn das Auto im nächsten Jahr wieder nicht repariert wird, fahre ich alleine!“ Upps.. jetzt wird es brenzlig. Der Konflikt muss moderiert werden, damit dieser nicht in die Sprachlosigkeit abdriftet.

Das kann exakt auf eine Projektsituation übertragen werden: Wenn motivierte Menschen ihre Meinung einbringen und diese dann abgeblockt wird, wirkt das sehr demotivierend. Ist der Gegenüber der Auftraggeber, gibt es mit dieser Strategie ein großes Problem. Es gibt weitere Spuren für Widerstand und somit Hinweise auf existierende Konflikte, die wesentlich subtiler sind. Diese Spuren sind so schwach, dass diese zunächst erstmal überprüft werden müssen, was wesentlich aufwendiger ist, als diesen Konflikt im offenen Gespräch zu thematisieren. Dazu gehört zum Beispiel, das Pochen auf Formalismen. „Ich würde dir gerne helfen, aber der Prozess sieht das nicht vor.“ Jeder kennt das: man ist in einem Fachgeschäft für Elektronik und verhandelt mit dem Verkäufer über einen Nachlass. Dann kommt der Spruch, der die Diskussion beendet: „Ich würde Ihnen gerne mehr entgegenkommen, aber die Kasse lässt das nicht zu.“ Die böse, böse Kasse. Eine weitere Spur ist das Diskutieren von unwichtigen Dingen und dem konsequenten Ignorieren der wirklich brennenden Fragen. Die stumme Teilnahme oder gar das Nichterscheinen eines wichtigen Gesprächspartners wäre ein weiteres Indiz. Aber auch die Körperhaltung, wie das Verschränken von Armen oder der Blick auf das Handy anstatt in die Gesprächsrunde, die Lautstärke der Diskussion oder anschließend verbreitete Gerüchte können Hinweise auf Konflikte sein. Nachteile bei diesen weniger deutlichen Spuren: Es muss erstmal abgeklärt werden, ob es sich tatsächlich um einen Konflikt handelt oder die Abwesenheit von Projektmitarbeitern auf eine tolle Party am Vorabend zurückzuführen ist. Aus diesem Grund sollte eine offene Kommunikations- und Konfliktkultur vorgelebt werden. Damit spart man viel Zeit, motiviert die Menschen und erhält gute Hinweise und Anregungen für das Projekt.

Gelesen 3939 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 28 April 2021 15:06
Norman Frischmuth

Über den Autor

Norman Frischmuth

Nach der Berufsausbildung zum Industriekaufmann bei der AEG AG absolvierte Norman Frischmuth das Studium der Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Informationsmanagement. Seine Diplomarbeit mit dem Titel „Anreizsysteme für den innerbetrieblichen Wissensmarkt“ bildete die Grundlage für die spätere Entwicklung der webbasierten Projektmanagementlösung Blue Ant. Während und nach seinem Studium war Norman Frischmuth als Berater und später Projektleiter bei unterschiedlichen IT-Unternehmen tätig.

Gemeinsam mit Kollegen gründete er Ende 2001 die proventis GmbH und ist seit diesem Zeitpunkt geschäftsführender Gesellschafter. Kernprodukt der proventis GmbH ist die Multi-Projektmanagemensoftware Blue Ant. In dieser Zeit hat er bei über 100 MPM-Implementierungsprojekten in Deutschland, Österreich und Schweden mitgewirkt, seine Schwerpunkte sind dabei: Project Management Office-Integration und die Etablierung von Ressourcenmanagement in Unternehmen mit 500 - 5000 Mitarbeitern

Seit 2003 engagiert er sich zudem im Hochschul- und Universitätsbereich und unterstützt Seminare sowie eLearning- und Blended-Learning-Veranstaltungen unteranderem an der Humboldt Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin, der Hochschule für Technik und Wirtschaft und der Beth-Hochschule.

Im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements ist er seit 2009 Mitglied der Regionalleitung Berlin der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement (GPM).

Sein besonderes Engagement gilt der Vermittlung von Wissen und Erfahrungen im Rahmen von Seminaren, Vortragsreihen und der Beratung zum Thema praxisnahes Multi-Projektmanagement.

Seit 2003 unterrichtet Norman Frischmuth an Berliner Universitäten und Hochschulen mit Leidenschaft das Thema Projektmanagement. Seine praxisorientierte Vortragsweise gibt Anlass zum Weiterdenken und Raum für neue Fragen. Seit 2009 ist Norman Frischmuth Mitglied der Regionalleitung der GPM in Berlin.

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